Japanische Gesellschaft und Populärkultur |
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Online-ZeitungNummer 1 |
30.01.2016 |
Es gab in der Geschichte selten Phasen, in denen Religionen nicht geduldet wurden, etwa im Mittelalter von Seiten bestimmter buddhistischer Sekten (Nichiren), oder in der Moderne mit dem dogmatischen Staats-Shintô. Im Allgemeinen konnten die drei Systeme meist nebeneinander und auch miteinander existieren, die allesamt die Idee des konfessionellen Fanatismus, wie aus Europa bekannt, eher vermieden. Eher etablierte sich die Idee des Synkretimus das grundlegende religiöse Konzept Japans. Die Gottheiten des Shintô wurden mit Buddhas und Bodhisattvas des Buddhismus gleichgesetzt. Die gesellschaftliche Hierarchie, Harmonie und damit das zwischenmenschliche Werteystem wurden durch die ethischen Maximen des Konfuzianismus kontrolliert. Auch das heutige Japan ist noch immer von dem synkretistischem Denken gekennzeichnet. Dies offenbart sich in der unsystematischen Volksreligion mit ihren unübersichtlichen lokalen, regionalen und landesweiten Festen im Jahresablauf, oder auch bestimmten religiösen Vorstellungen um einzelne Heilige und Dämonen, die an "Aberglauben" erinnern. Diese sind jedoch nur die Resultate des jahrhundertealten Synkretimus. Auch die vielen neuen Religionen basieren auf der traditionellen Spiritualität und erschaffen neue religiöse Systeme, in denen Buddha und die Sonnengöttin Amateraus ebenso ihren Stellenwert haben wie Konfuzius und Jesus. Nur der Christentum hat sich in der japanischen Gesellschaft und Kultur nicht als einer der dominierenden Faktoren durchsetzen können. Bereits im 17. Jahrhundert wurde als Abwheher der christlichen Mission durch europäische Mächte das Christentum unterdrückt und sogar ein Verbot erlassen. Ebenso wurde den Christen bis 1945 ein Misstrauen entgegen gebracht. Im Nachkriegsjapan konnte sich zwar der Christentum langsam entfalten, aber noch immer spielt er keine fundamentale Rolle im gesellschaftlichen Leben Japans.
Im Shintô wird eine große Anzahl an Gottheiten verehrt, was man als Polytheismus bezeichnet, wobei den gemeinschaftlichen Festen (matsuri) im Kultu die große Bedeutung zugeordnet wird. Die Kultstätte ist der "Schrein" (jinja bzw. yashiro), das "Haus" der Gottheit, nie aber der Tempel, der zu den buddhistischen Kultstätten zählt. Den Eingang eines jeden Schreines markiert - meist aus Holz - ein Tor (torii), das den sakralen von dem profanen Raum abgrenzt.
Die Vorstellung des dogmatischen Staats-Shintô der Zeit vor 1945 steht in totalem Kontrast zu dem eigentlichen, historisch überlieferten Charakter des Shintô, der sich seit den Tagen des Altertums mit anderen geistigen Hauptsträmungen Japans zu immer neuen synkretistischen Verbindungen verbindet. Ab der Edo-Zeit als ab 1600 prägt der shintô-konfuzianische Synkretmis das geistige Leben. Doch blieb die buddhistische Deutung der einheimischen Götter bis zur Moderne erhalten. Erst die Meiji-Restauration beende die traditionelle religiöse Toleranz, die seit jeder das spirituelle Leben Japans kennzeichnete. Nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch wurden wieder Ansätze des Synkretimus und der Toleranz aber auf Ebene des Volksglauben und Neuer Religionen nachgewiesen.
Buddhismus Noch mehr als auf den Shintô trifft keine einheitliche Lehre auf den Buddhismus zu. Diese dient als differenzierte und komplexe Weltreligion und gelang bereits im 6. Jahrhundert nach Japan. Der König eines koreanischen Königreiches vermittelte dem Herrscher des japanischen Yamato.Staates eine Buddha-Statue als Geschenk und deutete auf die große Stellung der buddhistischen lehre in der Welt hin. Im Gegensatz also zur einheimischen Religion stellte der Buddhismus das Ansehen wie auch die Macht der Welt abseits Japans dar. Nach einigen Machtkämpfen wurde der Buddhismus auch als Staatsreligion verinnerlicht, wurde aber der Shintô nach wie vor beibehalten. Im Volksglauben wurde die synkretische Verknüpfung von shintôistischen Göttern (kami) und buddhistischen Heiligen (Bodhisattvas und Buddhas) bis heute behalten. Die Spuren des Buddhismus lassen sich in Japan gut nachweisen wie etwa in der Esoterik und dem Nembutsu (Glaubensbuddhismus), die das religiöse Leben noch immer prägen. Nach wie vor hat sich die Idee erhalten, dass die nachtodlische Existenz mit den "Letzten Fragen" zum Buddhismus gehört, während das diesseitige Leben des Menschen von den Gottheiten des Shintô beeinflusst wird. Die allgemeine Ehtik entsprang aus dem Konfuzianismus. Einige wichtige buddhistische Lehrrichtungen Japans Tendai-Buddhismus: Kern seiner Lehre ist das Lotos-Sutra, was besagt, das jeder Mensch erlöst werdne könne, in jedem Menschen liege die Buddha-Natur. Der Tendai-Synkretimus betrachtet die Shintô-Gottheiten als Erscheinungsformen von bestimmten Buddha, die als gongen ("Zeitweilige Erscheinung") bezeichnet werden. Die Buddha-Wesen haben sich in Form der Shintô-Gottheiten etabliert. Shingon-Buddhismus: Die Lehre ist eine esoterische Geheimlehre, in deren Zentrum die beiden Tugendkräfte des Buddha Vairocana (jap. Dainichi) stehen. Der Synkretimus des Shingon-Buddhismus) erkennt in der Sonnengöttin Amaterasu eine Erscheinungsform dieses Buddha. Glaubensbuddhismus: Zentral ist der Glaube an das "Große westliche Paradies", der Himmel des Amida-Buddha, des göttlichen Buddha der reinen Gnade. Er erlöst die Gläubigen. Für die durchschnittlichen Menschen reicht der Glaube an Amida aus, sie müssen nicht mehr die schwierigen religiösen Praktiken der anderen Schulen ausüben. Somit hat er sich zur "Gnadenreligion" verändert. Erlösung ist nicht durch eigene Kraft (jiriki) möglich, sondern durch die Kraft Buddhas (tariki). Jede Handlung und jedes Gebet bringen nichts, nur der Glaube hat Macht. Der Glaubensbuddhismus ist im heutigen Japan die populärste buddhistische Schulrichtung.
Konfuzianismus Die konfuzianische Gemeinschaftsethik wird als Kontrast zur "individualistischen" Gesellschaftsvorstellung des Westens interpretiert. Doch Japan ist hier besonders, da es sich Mitte des 19. Jahrhunderts dem Westen geöffnet hat und seine Strukturen auch weiter entwickelt hat. Demzufolge kann die Diskussion um "ostasiatische Werte" nicht einfach auf Japan übertragen werden. Zwar wirkte der Konfuzianismus auf die japanische Geschichte, jedoch ist er im modernen Japan nur noch im Hintergrund zu finden. Dennoch ist das konfuzianische Wertesystem in Japan noch immer bedeutsam. Die "Fünf Beziehungen" Diese müssen genannt werden, da man mit diesen das hierarchische System der japanischen Gesellschaft besser nachvollziehen kann In Japan wurden besonders die ersten beiden Beziehungen sehr geachtet; die von Loyalität geprägte Beziehung von Vasall und Herren, sowie die Kindesliebe (jap. kô) zwischen Vater und Sohn oder generell Eltern und deren Kindern. Als spezifisch japanische also synkretistische Deutung der Lehre offenbart sich der Gedanke einer ursprünglichen EInheit dieser beiden Beziehungen unter dem Stichwort "Einheit von Loyalität und Kindesliebe" (chûkô-itchi). Daraus folgte im modernen Japan nach der Meiji-Restauration von 1968 die allgemeine Forderung, die mit der "Kindesliebe" identifizierte "Loyalität", nun dem einzigen legitimen Herrscher Japans, dem Tenno, zu erweisen. Zusammen mit der Götterland-Ideologie des Shintô wurde daraus ein "familiäres" Konzept des japanischen Nationalwesens, was bedeutet, dass die japanische Nation eine reale Familie von göttlicher Herkunft mit dem Kaiser als Oberhaupt ist. Im japanischen bushidô, der Ethik der Samurai, sind Shintô, Zen-Buddhismus und die konfuzianische Ethik eine unabhängige Beziehung eingegangen, die die Leitlinien des japanischen Synkretimus am offensichtlichsten machen. Die heutigen gesellschaftlichen Tugenden und Normen Japan (Ordnung, Fleiß, Hierarchie und "Harmonie") resultieren aus diesem Denken, das von der Meiji-Regierung auf das Volk projeziert wurde. |
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